Permalink

0

Pferderecht: Rückabwicklung eines Kaufvertrages wegen mangelnder Rittigkeit aufgrund einer periodischen Augenentzündung

Landgericht Frankfurt, Urteil vom 05.04.2018 – 2 32 O 95/17

Hintergrund

Die Klägerin begehrt die Rückabwicklung eines Kaufvertrages über ein Pferd. Sie suchte für ihre Tochter ein ruhiges und zuverlässiges Reitpferd und kaufte dieses bei der Beklagten, die einen Reit-, Ausbildungs- und Handelsstall für Dressurpferde betreibt.Nach Besichtigung und Probereiten erwarb die Klägerin das Pferd, nachdem die Beklagte ihr zugesichert hatte, dass es sich um ein absolut braves, zuverlässiges Pferd handele, welches auch für Kinder geeignet sei. Die tierärztliche Ankaufsuntersuchung war ohne Befund. Insbesondere wurde im Untersuchungsprotokoll festgehalten, dass die Untersuchung der Augen des Pferdes keinen besonderen Befund aufwies. Zwei Tage nach Übergabe des Pferdes machte die Klägerin die Beklagte auf ein entzündetes Auge aufmerksam. Die Beklagte führte dies auf die Zugluft beim Transport zurück. Einen Monat nach Übergabe des Pferdes wies das Pferd Verhaltensänderungen auf. Insbesondere ließ es sich nicht mehr an den Hinterbeinen berühren und trat fortwehrend aus. Bei einem Ausritt hatte das Pferd einen Jogger in den Bauch getreten. Des Weiteren war in der Sattellage ein Pilz und am Mähnenkamm eine Nesselsucht eingetreten. Die Klägerin erklärte der Beklagten gegenüber den Rücktritt vom Kaufvertrag und forderte die Beklagte auf, das Pferd Zug um Zug gegen Rückgabe des Kaufpreises zurückzunehmen. Der Wunsch der Nachbesserung war zuvor erfolgt. Nach Vorstellung des Pferdes bei einem Fachtierarzt für Chirurgie und Augenheilkunde wurde festgestellt, dass das Pferd eine hochgradige Einschränkung der Sehkraft auf der linken Seite hat und das Auge eine länger andauernde Schmerzhaftigkeit aufwies. Der Glaskörper sei gelb-grün verfärbt.

Gründe

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Herausgabe und Rückübereignung des Pferdes gem. §§ 437 Nr. 2, 346 Abs. 1 BGB. Die Klägerin ist insbesondere wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten. Das gesetzliche Rücktrittsrecht ergibt sich aus §§ 437 Nr. 2, 323 BGB, da das Pferd nicht frei von Sachmängeln war. Beim Pferdekauf liegt ein Sachmangel unter anderem in einer mangelnden Rittigkeit, einer periodischen Augenentzündung, schlechten Charaktereigenschaften oder einer Abweichung der Beschaffenheit vom Ergebnis der Kaufuntersuchung. Die Mangelhaftigkeit des Pferdes ergibt sich vorliegend aus der Abweichung aus dem Untersuchungsprotokoll der Ankaufsuntersuchung. In diesem wurden in Bezug auf die Augen des Pferdes keine Befunde festgestellt. Die tierärztliche Untersuchung zeigte jedoch, dass das Auge eine länger andauernde Schmerzhaftigkeit aufwies und das Pferd eine verminderte Sehkraft hat. Da sich der Mangel innerhalb von sechs Monaten nach Gefahrübergang gezeigt hat, greift zu Gunsten des Käufers die Vermutung, dass dieser Mangel bereits bei Gefahrübergang bestand. Gelingt dem Verkäufer die Beweisführung, dass die Vermutungswirkung nicht greift, nicht rechtlich hinreichend, greift zu Gunsten des Käufers die Vermutung des § 477 BGB auch dann ein, wenn die Ursache für den mangelhaften Zustand oder Zeitpunkt ihres Auftretens offengeblieben ist. Die Behauptung der Beklagten, die Augenentzündung könne im Rahmen eines Stressschubes plötzlich auftreten, ist nicht ausreichend. Die Klägerin hat die Beklagte erfolglos zur Nacherfüllung aufgefordert, sodass sie wirksam vom Kaufvertrag zurücktreten konnte. Der vertraglich vereinbarte Gewährleistungsausschluss ist beim Verbrauchsgüterkauf nach § 309 Nr. 8 BGB unwirksam.

Bewertung

Dem Urteil des Landgerichts Frankfurt ist vor dem Hintergrund des Verbrauchsgüterkaufrechts zuzustimmen. Der Zeitpunkt des Eintritts des Sachmangels war vorliegend nicht feststellbar, jedoch greift zu Gunsten des Verbrauchers der § 477 BGB. Es genügt folglich für den Verbraucher darzulegen, dass ein Sachmangel innerhalb der ersten sechs Monate nach Übergabe des Pferdes aufgetreten ist. Diese Vermutung muss vom Verkäufer durch eine ausreichende Beweisführung widerlegt werden. Da die Klägerin wirksam vom Kaufvertrag zurücktreten konnte, ist es auch richtig, die Unterstellkosten nach §§ 346 Abs. 1, 347 Abs. 2 i.V.m. § 437 Nr. 2, 323 BGB von der Beklagten zu verlangen, da es sich um notwendige Verwendungen handelt. Zu den notwendigen Verwendungen gehören die Kosten für die Unterstellung, Fütterung, Pflege, Bewegung, tierärztliche Untersuchungen und die Inanspruchnahme des Hufschmiedes.

 

Ihre Meinung interessiert uns!

Hinterlassen Sie uns ihr Feedback und diskutieren Sie mit uns über aktuelle wirtschaftsrechtliche Fälle aus den Bereichen Arbeitsrecht, Medizinrecht, Marken- und Designrecht sowie weiteren Themen. Wir freuen uns auf Ihre Anregungen.

Pflichtfelder sind mit * markiert.


Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.