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Medizinrecht: Darlegungslast bei Geschädigten – Patient muss fehlerhafte therapeutische Aufklärung selbst nachweisen

Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 23.03.2018 – 26 U 125/17, Pressemitteilung Oberlandesgericht Hamm vom 15.05.2018

Hintergrund

Streitig zwischen den Parteien ist, ob ein Anspruch auf Schadenersatz wegen einer vermeintlich fehlerhaften therapeutischen Aufklärung besteht.

Der Kläger litt unter akuten Hüftbeschwerden. Aufgrund dessen ließ er sich im Krankenhaus der Beklagten behandeln. Er erhielt dazu eine Injektion mit einem Cortison-Präparat (Lederlon 20 und Bucain) in das linke Hüftgelenk. Eine solche Injektion hatte der Kläger schon zu früherem Zeitpunkt in das Schultergelenk wegen dortiger Beschwerden erhalten.

Der Kläger klagte nach der Injektion in das linke Hüftgelenk über neurologische Symptome im Bereich des linken Beines (starke Taubheitsgefühle im linken Bein, aufgrund dessen mehrfaches Wegsacken des Beines). Nach Angaben des Klägers wies die Arztsekretärin den Kläger darauf hin, dass er ohne weitere ärztliche Inaugenscheinnahme das Krankenhaus nach Ablauf von zwei Stunden verlassen könne.

Nach seiner Autofahrt stürzte der Kläger und zog sich eine Außenknöchelfraktur links zu. Vom 27.08.2012 bis zum 02.09.2012 wurde der Kläger im Krankenhaus der Beklagten stationär behandelt.

Der Kläger begehrte sodann Schadenersatz von der Beklagten. Er forderte 25.000 EUR Schmerzensgeld und 25.000 EUR Verdienstausfallschaden. Er begründete sein Begehren damit, dass es aufgrund der neurologischen Ausfälle infolge der Injektion zu dem Sturz gekommen ist, weil er nicht aufgeklärt worden ist.

Die Beklagte bestritt diese Ausführungen.

Das Landgericht wies die Klage ab.

Das Oberlandesgericht (OLG) bestätigte die erstinstanzliche Beurteilung.

Gründe

Das OLG führte zur Begründung an, dass es keine fehlerhafte ärztliche Behandlung des Klägers gegeben hat. Das OLG stützte sich auf die Bewertung eines einbestellten Sachverständigen. Die Injektion des Cortison-Präparates sei indiziert gewesen und fachgerecht vorgenommen worden. Die mit dem Cortison-Präparat injizierten Narkosemittel führen zu temporären Beeinträchtigungen, die jedoch nachgewiesener Weise nach einer Stunde abklingen. Dies stellte der Sachverständige dar.

Der Kläger konnte keinen Beweis vorbringen, dass die therapeutische Aufklärung fehlerhaft gewesen ist. Insoweit ist zwischen Kläger und Beklagten umstritten, ob der Kläger über eine Kontrollbedürftigkeit seines Zustands aufgeklärt worden ist, als er seinen Zustand der Arztsekretärin mitteilte.

Zu unterscheiden ist zwischen einer therapeutischen Aufklärung und einer Risiko-oder Selbstbestimmungsaufklärung. Letztere verfolgt den Zweck, dem Patienten eine Entscheidung für oder gegen eine ärztliche Behandlung aufgrund durch qualifiziertes Personal vorgebrachter Tatsachen treffen zu können. Die Beweislast für eine nicht fehlerhafte Risiko-oder Selbstbestimmungsaufklärung liegt beim Arzt, so das OLG.

Die therapeutische Aufklärung verfolgt dagegen den Zweck, den Heilungserfolg zu gewährleisten und mögliche Schäden vom Patienten abzuwenden. Diese Form der Aufklärung setze oftmals erst nach der eigentlichen ärztlichen Behandlung ein.

Das OLG stufte die streitgegenständliche Aufklärung als therapeutische Aufklärung ein und stellte heraus, dass für eine solche vermeintlich fehlerhafte (therapeutische) Aufklärung die Beweislast beim klagenden Patienten liegt.

Diesen konnte der Kläger nicht leisten. Aufgrund dessen versagte das OLG einen Anspruch des Klägers in oben bezeichneter Weise.

Laut Dokumentation der Beklagten wurde der Kläger insbesondere zur erneuten Vorstellung nach Ablauf von zwei Stunden nach Vortragen der Beschwerden aufgefordert. Dem kam der Kläger nicht nach. Er sei zudem, nach Angaben der Beklagten, auf dem Klinikgelände gesucht worden. Der Kläger konnte nach Auffassung des OLG ebenso wenig glaubhaft machen, dass er aufgrund der Folgen des Injizierens dreieinhalb Stunden später zu Fall gekommen ist. Ein Sachverständiger erachtete eine solche Kausalität als sehr unwahrscheinlich.

Bewertung

Das OLG hat die Tatsachenlage in richtiger Weise bewertet. Es hat deutlich gemacht, unter welcher Maßgabe eine therapeutische Aufklärung und eine etwaige Beweislast zu bestimmen ist. Unter dieser Maßgabe war die Entscheidung folgerichtig. Die Ausführungen des Klägers hielten der Überprüfung nicht stand.

 

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