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Aufwandspauschale – eine unendliche Geschichte

Sozialgericht Kassel, Urteil vom 24.01.2018, Az. S 12 KR 252/17

Hintergrund

Der Sachverhalt, der dem v.g. Urteil des Sozialgerichts Kassel (nachfolgend: SozG Kassel) zugrunde liegt, kann verkürzt wie folgt zusammengefasst werden:

Nach Abschluss einer vollstationären Behandlung hat die beklagte Krankenkasse den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung beauftragt, eine Prüfung nach § 275 Abs. 1c in Verbindung mit Abs. 1 Nr. 1 SGB V durchzuführen; die Prüfung hat nicht zu einer Rechnungsänderung geführt.

Nachdem die Beklagte die von der Klägerin geforderte Aufwandspauschale zunächst gezahlt hat, hat sie diese später im Wesentlichen mit der Begründung zurückgefordert, es habe sich bei der Prüfung nicht um eine Abrechnungsprüfung nach § 275 Abs. 1c in Verbindung mit Abs. 1 Nr. 1 SGB V sondern um eine Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit gehandelt habe.

Das SozG Kassel hat die beklagte Krankenkasse antragsgemäß dazu verurteilt, die Aufwandspauschale zu an die Klägerin zu zahlen.

Gründe

Das SozG Kassel hat zur Begründung seines Urteils im Wesentlichen ausgeführt,

„dass sich eine Krankenkasse nicht nachträglich darauf berufen kann, die Prüfung durch den MDK habe der sachlich-rechnerischen Richtigkeit gegolten, wenn der MDK auf Veranlassung der Krankenkasse die Rechnungsprüfung sowohl intern als auch nach Aktenlage gegenüber dem betroffenen Krankenhaus ausdrüclich als Rechnungsprüfung nach § 275 Abs. 1c SGB V angezeigt und durchführt und die Krankenkasse anschließend auf entsprechende Inrechnungstellung der Aufwandspauschale, d.h. auf eine unter ausdrücklicher Bezugnahme auf § 275 Abs. 1c SGB V erfolgte Rechnungsstellung, diese auch ohne jeglichen Vorbehalt ‚anstandslos‘ ohne ‚wenn und aber‘ als solche bezahlt, die Krankenkasse also selbst davon ausgegangen ist, eine die Aufwandspauschale nach § 275 Abs. 1c SGB V auslösende Rechnungsprüfung in Auftrag gegeben zu haben“.

– SozG Kassel, Urteil v. 24.01.2018, Az. S 12 Kr 252/17, Seite 3 –

In dem v.g. Urteil haben die Beklagte und der Medizinische Dienst verschiedentlich positiv den Eindruck erweckt, sie habe eine Abrechnungsprüfung nach § 275 Abs. 1c SGB V beauftragt. Das Sozialgericht Detmold (nachfolgend: SozG Detmold) geht noch weiter, indem es die Bezugnahme des Medizinischen Dienst der Krankenversicherung auf § 275 Abs. 1c SGB V in der Prüfanzeige gegenüber dem Krankenhaus genügen lässt. In seinem Urteil vom 04.02.2016, Az. S 24 KR 380/15, führt das SozG Detmold im Wesentlichen aus, eine Krankenkasse

„muss ihren eigenen Prüfauftrag an den MDK, jedenfalls aber die Prüfanzeige des MDK gegenüber [dem Krankenhaus] gegen sich gelten lassen. Für eine Umdeutung der Prüfung nach § 275 Abs. 1c SGB V in eine davon zu unterscheidende Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit besteht kein Raum.“

– SozG Detmold, Urteil v. 04.02.2016, Az. S 24 KR 380/15, Seite 5 –

Empfehlung

Vor dem Hintergrund der v.g. Urteile des SozG Kassel und des SozG Detmold aber auch vor dem Hintergrund, dass das der 1. Senat des Bundesverfassungsgerichts beabsichtigt, dieses Jahr über die Verfassungsbeschwerde hinsichtlich der Nichtanwendung des § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V (Aufwandspauschale) in den Fällen der sog. Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit zu entscheiden, ist den Krankenhäusern zu empfehlen, zu prüfen, ob in vergleichbaren Abrechnungsfällen die Aufwandspauschale mit der Begründung nicht gezahlt worden ist, es sei eine Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit durchgeführt worden, obwohl ursprünglich eine Abrechnungsprüfung nach § 275 Abs. 1c SGB V beauftragt und/oder durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung angezeigt worden ist.

Sofern in derartigen Abrechnungsfällen die Aufwandpauschale in unverjährter Zeit nicht gezahlt worden ist, ist zu prüfen, ob verjährungshemmende Maßnahmen zu ergreifen sind, die Aufwandspauschale mag, je nach weiterer Entwicklung der Rechtsprechung, insbesondere der zu erwartenden Urteile des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts, mag in der Zukunft noch geltend gemacht werden können.

Rechtsanwalt Heiner Fey

 

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