Sozialgericht Gießen, Urteil vom 25.07.2017 – S 18 SO 160/16
Hintergrund
Streitig zwischen den Parteien ist, ob eine finanzielle Vorsorge für den Todesfall einem Vermögensschutz unterliegt.
Die Klägerin, Jahrgang 1929, war seit Oktober 2015 in vollstationärer Pflege. Seit Juni 2016 bezog sie vom beklagten Landkreis finanzielle Hilfeleistung zur Begleichung der Kosten für die Pflege. Im Mai 2016 hatte die Klägerin einen Bestattungsvorsorgevertrag abgeschlossen. Hierzu hatte sie 6.300 EUR auf ein Treuhandsammelkonto eingezahlt.
Mit Bescheid stellte der Beklagte ein Vermögen der Klägerin von 3.187,09 EUR fest. Zum damaligen Zeitpunkt betrug die Vermögensfreigrenze 2.600 EUR. Hieraus ergab sich für den Beklagten ein zu leistender Betrag von 587,09 EUR. Nach Auffassung des Beklagten war ein Betrag von 4.000 EUR für einen Bestattungsvorsorgevertrag angemessen. Bis zu diesem Betrag sei der Bestattungsvorsorgevertrag anrechnungsfrei. Die Klägerin focht die Bescheide des Beklagten an. Dies blieb erfolglos. Die Klägerin erhob Klage vor dem Sozialgericht (SG) und begehrte die Außerachtlassung des Betrages von 587,09 EUR.
Das SG fasste eine angemessene finanzielle Vorsorge für den Todesfall unter den Vermögensschutz des § 90 III SGB XII.
Gründe
Das SG anerkannte, dass die Verwertung eines angemessenen Vermögens, das der Bestattungsvorsorge dient, eine unzumutbare Härte darstellt. Aufgrund dessen bestehe keine ausdrückliche Regelung des Gesetzgebers.
Nach § 90 III SGB XII seien Bestattungsvorsorgeverträge bei gegebener Angemessenheit geschützt. Die Angemessenheit bestimmt sich nach Ausführung des SG anhand der Umstände des Einzelfalls. Zunächst sei der erforderliche Betrag anzusetzen, den die zuständige Behörde für die Bestattung nach § 74 SGB XII übernimmt. Bis zur Grenze der Angemessenheit anhand des individuellen Einzelfalls sei dieser Betrag entsprechend zu erhöhen.
Das SG stellt fest, dass die Durchschnittskosten für eine Beerdigung in Deutschland bereits bei 5.000 EUR liegen.
Bewertung
Der Entscheidung des SG ist zuzustimmen. Das SG stellt klar, nach welcher Maßgabe die Angemessenheit im Rahmen der Vermögensberücksichtigung zu bewerten ist – anhand des individuellen Einzelfalls. Die Entscheidung wird den Interessen der Klägerseite gerecht.