Landgericht München I, Beschluss vom 8.11.2016 – 31 S 12371716

 

Hintergrund

Die Klägerin war Vermieterin der Beklagten. Sie begehrte die Beseitigung eines Bergahorns, den die Beklagte auf der Loggia der von ihr gemieteten Zwei – Zimmerwohnung in der Münchner Innenstadt gepflanzt hatte.
Der Baum wurde vormals als Setzling gepflanzt und wuchs mit der Zeit stark an. Der für die Pflanzung verwendete Holzkasten verrottete mit der Zeit teilweise, sodass der Bergahorn in der Erde auf dem Boden der Loggia stand. Die Loggia befand sich im obersten Geschoss, dritte Etage, der Immobilie. Der Baum war mit Ketten und speziellen Spiralen an der Hauswand verankert.

Am 02.06.2016 verurteilte das Amtsgericht München die Beklagte zur Beseitigung des Ahornbaumes zusammen mit dem Erdreich und dem Wurzelwerk.

Das Amtsgericht hatte geurteilt, dass es sich bei der Anpflanzung nicht um einen nach allgemeiner Verkehrsanschauung vertragsgemäßen Gebrauch im Sinne von § 535 I BGB handelt. Das Amtsgericht führte zudem die Gefahren aus, die von der Anpflanzung im Hinblick auf ein potentielles Umfallen des Baumes ausgingen. Zudem sei die Verankerung bzw. Stahlsicherung durch die Vermieterin zu erlauben. Ebenso sei durch den Baum die äußere Gestalt der Immobilie entgegen der Gestaltungshoheit des Vermieters ausgehend von § 903 BGB verändert.
Art. 20a GG sei nicht einschlägig. Ebenso wenig komme eine Verjährung des Beseitigungsanspruchs nach Auffassung des urteilenden Amtsgerichts in Frage.

Hiergegen wandte sich die Beklagte mit der Berufung vor dem Landgericht München I.

Gründe

Das Landgericht München I folgte der Einschätzung des Amtsgerichts München. Es verneinte eine Rechtsverletzung der Beklagten durch das Urteil des Amtsgerichts.

Das Landgericht bestätigte so, dass die Pflanzung eines Baumes auf einer Loggia  nicht der allgemeinen Nutzung entspricht. Zudem komme die Pflanzung aufgrund der potentiellen Größe der streitgegenständlichen Baumart von bis zu 40 Metern bei einem Stammumfang von bis zu zwei Metern praktisch einer baulichen Veränderung gleich. Optisch werde dies durch die im Verfahren eingeführten Lichtbildnachweise bestätigt.
Die Baumart komme vorwiegend als Garten-, Straßen-, Park-, und Waldbaum zur Verwendung.

In Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes machte die Kammer deutlich, dass eine optische Veränderung grundsätzlich ein rechtliches Argument für die Verpflichtung zur Beseitigung darstelle. Nach Ausführung der Kammer bestätigte die Ansicht bereits das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 09.02.1994 – 1 BvR 1687/92.

Die Ausführungen der Beklagten, Art. 20a GG sei betroffen, kann der Überprüfung durch die Kammer des Landgerichts München I ebenso nicht standhalten.
Im Wege mittelbarer Drittwirkung des Staatsziels könne kein Schutz für das Interesse der Beklagten hergeleitet werden. Ein absolutes Verbot ausgehend von Art. 20a GG sei nicht her leitbar. Die Ausführungen der Beklagten, dass Parabolantennen durch Mieter ebenfalls errichtet werden dürfen hänge nach Auffassung der Kammer vielmehr mit Art. 5 GG, der Meinungs – und Informationsfreiheit, zusammen und sei insofern anders zu bewerten.

Bewertung

pfeilDer Entscheidung des Landgericht München I ist zuzustimmen. Das Gericht nimmt hinreichend auf den Vortrag der Beklagten Rückgriff und veranschaulicht in rechtlich richtiger Weise die falsche Annahme der Beklagten insbesondere im Hinblick auf die vorgetragene Verletzung von Verfassungsrecht.
Die Entscheidung stellt insoweit eine Stärkung der Rechte von Vermietern dar. Auch wenn das Recht von Mietern im deutschen Recht, gerade auch durch Einflüsse europäischer Rechtsprechung, als „eigentumsgleich“ bewertet wird, gibt es und muss es auch Grenzen der Entscheidungsfreiheit und Handlungsfreiheit von Mietern geben.