Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 19.07.2017 – 10 U 2/17

Hintergrund

Die Klägerin, eine private GmbH, betreibt seit 1995 die „Arcus Sportklinik“ in Pforzheim als Privatklinik. Die Gesellschafter der Klägerin errichteten eine weitere GmbH, die am selben Standort unter dem Namen „Arcus Klinik“ seit 2006 ein staatlich gefördertes Krankenhaus für gesetzlich Versicherte (sog. „Plankrankenhaus“) betreibt. Beide Kliniken nutzen teilweise dieselben Räume, technischen Einrichtungen und dasselbe Personal. Sie teilen sich Empfangsbereich, Internetauftritt und Telefonnummer. In dem vorliegenden Verfahren hatte die Arcus Sportklinik für eine Hüftoperation ca. 13.000 Euro in Rechnung gestellt. Die Privatversicherung des Patienten hat davon nur rund 6.500 Euro bezahlt, wie es der Fallpauschale entsprochen hätte.

Das Landgericht Karlsruhe hatte § 17 KHG für anwendbar erklärt und die Klage der Privatklinik auf den restlichen Rechnungsbetrag abgewiesen. Die Klägerin hält dagegen die Neuregelung im KHG für verfassungswidrig und ist u.a. der Ansicht, die Vorschrift greife bei den beiden formalrechtlich getrennten Kliniken in Pforzheim inhaltlich ohnehin nicht.

Gründe

Plankrankenhäuser erhalten für ihre Leistungen festgelegte Fallpauschalen und staatliche Zuschüsse. Privatkliniken erhalten diese Zuschüsse nicht, dürfen aber mit ihren Patienten ihr Honorar grundsätzlich frei vereinbaren. Unter anderem um zu verhindern, dass es zu Quersubventionierungen zwischen staatlich geförderten Plankrankenhäusern und mit diesen verbundenen Privatkliniken kommt, wurde mit Geltung ab dem 01.01.2012 das Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) modifiziert. Seither dürfen gemäß § 17 Abs. 1 S. 5 KHG Privatkliniken, die organisatorisch mit einem Plankrankenhaus verbunden sind und sich in dessen räumlicher Nähe befinden, für Leistungen, die auch vom Plankrankenhaus angeboten werden, ebenfalls nur die Fallpauschalen in Rechnung stellen.

Der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe hat die Entscheidung des Landgerichts Karlsruhe bestätigt. § 17 Abs. 1 S. 5 KHG verstößt nicht gegen das Grundgesetz und die Arcus Sportklinik und die Arcus Klinik sind räumlich und organisatorisch verbundenen Einrichtungen im Sinne dieser Vorschrift. Damit kann die Arcus Sportklinik für Operationen, die auf der Basis von ab dem 01.01.2012 geschlossenen Behandlungsverträgen durchgeführt wurden, nur die Fallpauschalen für gesetzlich Versicherte abrechnen, höhere Entgeltvereinbarungen sind unwirksam.

Die Entscheidung ist Teil einer Klagewelle. Beim Landgericht Karlsruhe sind derzeit noch über 100 Verfahren um Privatabrechnungen der Arcus Sportklinik anhängig. Beim Oberlandesgericht Karlsruhe sind derzeit 15 Berufungsverfahren anhängig.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Klägerin kann gegen die Entscheidung, die vom Oberlandesgericht zugelassene Revision zum Bundesgerichtshof einlegen.

Bewertung

Eine Einrichtung, die in räumlicher Nähe zu einem Plankrankenhaus liegt und mit diesem organisatorisch verbunden ist, darf für eine dem Versorgungsauftrag des Landes entsprechende Behandlung nur die in der gesetzlichen Krankenversicherung geltenden Beträge berechnen.

Betreiber eines staatlich geförderten Plankrankenhauses können nicht einen Teil als Privatklinik rechtlich abtrennen, um so für Privatversicherte höhere Einnahmen zu erzielen. Bei räumlich und organisatorisch verbundenen Kliniken müssen auch die Privatversicherer nur die Fallpauschalen der gesetzlichen Krankenversicherung bezahlen.

Auf eine rechtliche Trennung der Plan- und der Privatklinik kommt es somit nicht an.