Landgericht Essen, Urteil vom 8.11.2017 – 44 O 21/17
Hintergrund
Der Beklagte, ein Zahnarzt, bewarb seine Praxis auf seiner Internetseite mehrfach als „Die Praxisklinik“. Dagegen ging der Kläger, ein Verband zur Förderung gewerblicher Interessen, vor. Mit Schreiben vom 24.8.2016 mahnte er den Beklagten wegen Verstoßes gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften ab. Der beklagte Arzt lehnte die Abgabe einer Unterlassungserklärung mit einem Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 27.9.2016 ab.
Bereits im April 2015 hatten die Parteien über die Verwendung des Begriffes „Dentalklinik“ gestritten. Von der daraufhin abgegebenen Unterlassungserklärung sollten jedoch die Begriffe „Praxisklinik“ sowie „Tagesklinik“ ausdrücklich nicht umfasst sein.
Der Kläger begründete sein erneutes Vorgehen gegen den Beklagten damit, der Begriff „Praxisklinik“ sei irreführend und verstoße gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften. Die Praxis des Beklagten biete keine Möglichkeit, Patienten für einen längeren stationären Aufenthalt aufzunehmen und sei somit irreführend für den Verbraucher. Dieser verstehe den Begriff „Klinik“ als Synonym für „Krankenhaus“, die Möglichkeit einer stationären Behandlung wird also erwartet. Auch die Zahnärztekammer vertrete den Standpunkt, dass eine Praxisklinik zwar grundsätzlich eine ambulante Einrichtung sei, in der aber zusätzlich auch stationäre Versorgungsleistungen erbracht werden können.
Gründe
Die Kammer hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung des Begriffes „Praxisklinik“ durch den Beklagten aus §§ 8 Abs. 1 und 3 Nr. 3, 3, 5 Abs. 1 Nr. 1, 3 UWG zu. Der Begriff „Praxisklinik“ sorge bereits nicht für die nach § 5 Abs. 1 S. 1 und 2 Nr. 3 UWG erforderliche „Irreführung“. Dabei hatte das Gericht zu prüfen, wie ein Durchschnittsverbraucher die angegriffene Werbung verstehen würde. Der Begriffsteil „Praxis“ lässt den Verbraucher von einer ambulanten Einrichtung ausgehen. Der zweite Wortteil „Klinik“ fügt die Bedeutung hinzu, dass in dieser Einrichtung operative Eingriffe vorgenommen werden. Auch wenn der Begriff ursprünglich gleichbedeutend mit „Krankenhaus“ war, hat sich dieses Verständnis mittlerweile geändert. Dies zeigt auch die Regelung in § 115 SGB V, denn dort formuliert der Gesetzgeber: „Einrichtungen, in denen die Versicherten durch Zusammenarbeit mehrerer Vertragsärzte ambulant und stationär versorgt werden (Praxisklinik)“. Die Voranstellung des Begriffs „Praxis“ zeigt, dass eine rein ambulante Behandlung ausreicht. Ferner ziehen die Richter einen Vergleich zu dem Begriff der „Tagesklinik“. Dort wird dem Verbraucher ebenfalls durch die Voranstellung eines Teilbegriffs ausreichend klar gemacht, dass kein stationärer Aufenthalt inbegriffen ist.
Bewertung
Das Landgericht Essen hat zu Recht gegen den Kläger entschieden. Nach dem heutigen Verständnis einer „Klinik“ unter Voranstellung des Wortes „Praxis“ liegt eine Einrichtung vor, in der wie nach dem früheren Verständnis einer Klinik operative Eingriffe durchgeführt werden, allerdings nur im Rahmen eines ambulanten Praxisbetriebs. Dies ist auch für einen durchschnittlichen Verbraucher hinreichend verständlich, sodass keineswegs eine Irreführung vorliegt. Mangels Verstoß gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften wurde somit der Unterlassungsanspruch des Klägers zutreffend verneint.