BGH, Beschluss vom 23. November 2016 – XII ZB 385/16
Hintergrund
1998 wurde für den Betroffenen durch Hinwirken des Amtsgerichts eine Betreuung eingerichtet. Der Betroffene hatte eine paranoid – halluzinatorische Schizophrenie, sowie eine deutliche Sehbehinderung.
Die Betreuung wurde zwischenzeitlich mehrfach verlängert, der Betroffene wurde zeitweise auch in einer geschlossenen Einrichtung untergebracht.
Der Betroffene wendete sich mit einer Rechtsbeschwerde gegen den Rückgriff des erstinstanzlichen Gerichts auf ein Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Innere Medizin, um eine weitere Verlängerung der Betreuung bis Mai 2017 zu bescheiden.
Das Landgericht hatte die Beschwerde zurückgewiesen. Der Betroffene wendete sich gegen diese Entscheidung mit Rechtsbeschwerde vor dem Bundesgerichtshof. Die Rechtsbeschwerde war begründet und führte zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückweisung der Sache an das Berufungsgericht, Landgericht.
Gründe
Das Landgericht hatte in seiner Entscheidung zunächst ausgeführt, dass die Ausführungen der Sachverständigen, wie benannt, Fachärztin für Innere Medizin, in sich schlüssig und begründet sein und die Notwendigkeit einer Betreuung, insbesondere auch bezogen auf eine Abwendung von Vermögensschäden seitens des Betroffenen, als erforderlich dargelegt worden ist.
Diese Annahmen des Berufungsgerichts halten der rechtlichen Nachprüfung durch den Bundesgerichtshof nicht stand.
Der Bundesgerichtshof nimmt zur Beurteilung dieser grundsätzlichen Sache Rückgriff auf bereits ergangene Rechtsprechung und die Norm des § 280 I 2 FamFG. So ist in einem Betreuungsverfahren für die Erstellung des Gutachtens als Sachverständiger ein Arzt für Psychiatrie oder Arzt mit Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie einzusetzen. Soweit die Qualifikation nicht aus der Fachbezeichnung des jeweiligen Arztes feststellbar ist, ist die Sachkunde vom Gericht zu prüfen und in der Entscheidung weiter auszuführen, bzw. darzulegen, so der Bundesgerichtshof.
In der Sache mangelte es der Entscheidung durch das Berufungsgericht, Landgericht, eben genau an dieser Tatsache. Die Sachverständige war lediglich „Fachärztin für Innere Medizin“ und damit von ihrer fachlichen Qualifikation her nicht geeignet. Eine gesonderte Feststellung von Sachkunde blieb im landgerichtlichen bzw. auch amtsgerichtlichen Verfahren aus. Auch die Tatsache der Feststellung deutlicher Sehbehinderung sei nicht hinlänglich, um die fehlende fachliche Qualifikation auf dem Gebiet der Psychiatrie zu überdecken. Zudem fehlte es der Beurteilung durch die vorinstanzlichen Gerichte an der Feststellung eines fehlenden freien Willens des Betroffenen.
Bewertung
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes ist als richtig zu bewerten. Mit Rückgriff auf ergangene Rechtsprechung und den Wortlaut des Familienverfahrensgesetzes wurden erst in der Revisionsinstanz die Interessen des Betroffenen gewahrt. Für die Praxis, insbesondere für die Bevollmächtigten, gilt insoweit eine genaue Betrachtung der gerichtlichen Abläufe, bzw. Einberufung von Sachverständigen. Insoweit muss zur Wahrung der Interessen von Betroffenen in derartigen Fällen, bereits in den ersten Instanzen eine fehlerhafte Begutachtung durch Sachverständige gerügt werden.