Hintergrund
Der Kläger war seit 1978 bei der Beklagten, einer Stanzwerkzeugherstellerin, als Mitarbeiter in der Herstellung beschäftigt. Im Jahr 2014 wurde der Kläger mehrmals arbeitsunfähig krankgeschrieben. Im Januar 2015 folgte eine dauerhafte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Die Beklagte setzte die Lohnzahlungen bis zum 2.3.2015 fort. Ende Mai 2015 fand ein Geschäftsführer der Beklagten heraus, dass die Söhne des Klägers 2013 eine GmbH gegründet hatten, die M-GmbH. Im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit hatte sie einer Kundin der Beklagten erklärt, sie sei ein Familienunternehmen, das Stanzformen verkaufen. Der Kläger würde diese seit 38 Jahren montieren und sehr gut in seinem Fach sein. Die Beklagte hegte daraufhin den Verdacht, der Kläger würde einer wettbewerbswidrigen Konkurrenztätigkeit nachgehen und hätte seine Arbeitsunfähigkeit nur vorgetäuscht. Da sich der Kläger zu diesem Verdacht nicht äußerte, beauftragte die Beklagte daraufhin ein Detektivbüro, um dem Verdacht nachzugehen.
Die Ermittlungen des Detektivs bestätigten den Verdacht der Beklagten. Diese sprach dem Kläger sodann am 11.6.2015 die außerordentliche fristlose Kündigung aus, hilfsweise erklärte sie die ordentliche Kündigung zum 31.1.2016. Dagegen wehrte sich der Kläger mit der Kündigungsschutzklage. Vor dem Arbeitsgericht hatte er keinen Erfolg, doch das Landesarbeitsgericht gab der Klage statt. Schließlich hat das Bundesarbeitsgericht auf die Revision der Beklagten das Urteil des LAG aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung an das LAG zurückverwiesen.
Gründe
Das BAG teilt die Auffassung des LAG, es läge kein wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB vor, nicht. Für sich genommen sind die Vorwürfe an den Kläger geeignet, einen wichtigen Grund darzustellen. Die Aufnahme einer Konkurrenztätigkeit während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses, stellt einen Verstoß des Arbeitnehmers gegen die Rücksichtnahmepflichten des § 241 Abs. 2 BGB dar. Das Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit für einen Zeitraum, in dem vom Arbeitgeber Entgeltfortzahlung geleistet wird, verkörpert einen Betrug gegenüber diesem. Nimmt der Arbeitnehmer diese Täuschung wiederum gerade vor, um der Konkurrenztätigkeit nachzugehen, liegt darin erneut ein enormer Verstoß gegen Rücksichtnahmepflichten.
Das LAG hatte den wichtigen Grund mit der Begründung verneint, dass die Detektivermittlungen gemäß § 32 Abs. 1 S. 2 BDSG unzulässig seien und somit ein Beweisverwertungsverbot diesbezüglich vorliegt. Ein dringender Verdacht der oben geschilderten Vorwürfe konnte also nicht festgestellt werden. Das BAG sieht die Beauftragung des Detektivs dagegen als zulässig an. Es müsse überprüft werden, inwiefern die Verwertung von heimlich beschafften persönlichen Daten und Erkenntnissen mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, genauer gesagt dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung, vereinbar ist. Den zulässigen Umfang von Eingriffen in dieses Grundrecht wird vom Bundesdatenschutzgesetz geregelt. Eine verdeckte Überwachungsmaßnahme durch den Einsatz eines Detektivs zur Aufklärung eines auf Tatsachen gegründeten konkreten Verdachts einer schwerwiegenden Pflichtverletzung des Arbeitnehmers kann nach § 32 Abs. 1 S. 1 BDSG zulässig sein, selbst wenn es nicht um die Aufdeckung einer im Beschäftigungsverhältnis begangenen Straftat i.S.d. § 32 Abs. 1 S. 2 BDSG geht. Satz 2 entfaltet nach der Ansicht des Senats insofern keine Sperrwirkung. Ein solches Verständnis der Norm würde außerdem gegen Unionsrecht verstoßen. Nach § 32 Abs. 1 S. 1 BDSG dürfen Daten eines Beschäftigten erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn dies für die Durchführung oder die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses notwendig ist. Die Voraussetzungen sind in diesem Fall erfüllt, die Aufklärung diente der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Ob die Maßnahme, einen Detektiv zu engagieren im Übrigen verhältnismäßig war, muss nun erneut das LAG entscheiden.
Die Revision der Beklagten war demnach begründet.
Bewertung
Der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ist zuzustimmen. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts beruht auf einem falschen Verständnis der Systematik des § 32 BDSG. Es hat fälschlicherweise angenommen, die Maßnahme könne nur nach § 32 Abs. S. 2 BDSG zulässig sein. Nun bleibt abzuwarten, zu welchem Ergebnis die weiteren Feststellungen des LAG bezüglich der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme kommen.