Pressemitteilung Bundesregierung vom 12.06.2020, Pressemitteilung Bundesministerium der Finanzen vom 12.06.2020, Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise

Hintergrund

Zur Stabilisierung und positiven Entwicklung der Konjunktur in Folge der Corona-Pandemie hat das Bundeskabinett am 12. Juni erste Maßnahmen für das im Rahmen des vom Koalitionsausschuss am 3. Juni beschlossenen Konjunkturpaketes mit seinem Gesamtvolumen von 130 Milliarden Euro beschlossen.

Verabschiedet wurde ein Gesetzesentwurf, der Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Zweites Corona-Steuerhilfegesetz) (abrufbar unter: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesvorhaben/Abteilungen/Abteilung_IV/19_Legislaturperiode/Gesetze_Verordnungen/2020-06-12-Zweites-Corona-Steuerhilfegesetz/2-Regierungsentwurf.pdf?__blob=publicationFile&v=3).

Der Gesetzesentwurf kommt nun in das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren. Nach Zustimmung des Bundestages ist mit einer Abstimmung im Bundesrat am 29. Juni zu rechnen, sodass das Gesetz am 30. Juni im Bundesgesetzblatt verkündet werden könnte.

Inhaltlich enthält dieser Entwurf im Wesentlichen folgende Punkte:

  1. Befristete Absenkung der Mehrwertsteuersätze

Für die zweite Jahreshälfte (01.07.2020 bis 31.12.2020) hat das Bundeskabinett die Absenkung der Mehrwertsteuersätze in Angriff genommen. Im Einzelnen soll der Normalsatz von 19 % für den genannten Zeitraum auf 16 % und der ermäßigte Steuersatz von 7 % auf die gemäß der Mehrwertsteuersystemrichtlinie zulässigen 5 % abgesenkt werden. Ziel dieser Maßnahme ist die Schaffung von Kaufanreizen in der zweiten Jahreshälfte bei gleichzeitiger Entlastung. Menschen sollen motiviert werden, Kaufentscheidungen zur Ankurbelung der Wirtschaft in den Monaten Juli bis Dezember zu tätigen.

  1. Einmalige Gewährung eines sog. Kinderbonus/Steuerliche Entlastung Alleinerziehender

Eltern sollen für jedes kindergeldberechtigte Kind einen einmaligen sog. Kinderbonus in Höhe von 300,- EUR erhalten. Dieser soll voll versteuert werden und zugleich nicht auf etwaige Sozialleistungen angerechnet werden. So würden Familien mit kleinen und mittleren Einkommen maßgeblich unterstützt.

Zudem soll in den Jahren 2020 und 2021 der Steuerfreibetrag für Alleinerziehende von aktuell 1.908,- auf 4.008,- EUR jährlich steigen.

  1. Spezielle Unterstützung von Unternehmen

Durch eine Erhöhung des Verlustrücktrag für 2020 und 2021 auf 5 Millionen EUR respektive auf 10 Millionen EUR bei Zusammenveranlagung sollen Verluste infolge der Corona-Pandemie besser mit Gewinnen aus vorherigen Jahren verrechnet werden können, um so Liquidität zu sichern.

Weiterhin soll eine Anpassung der Abschreibungsmöglichkeiten für Betriebsgüter zu unternehmerischer Investition führen.

„Bei der Besteuerung der privaten Nutzung von Dienstwagen, die keine Kohlendioxidemission je gefahrenen Kilometer haben, wird der Höchstbetrag des Bruttolistenpreises von 40.000 EUR auf 60.000 EUR erhöht.“

Im Übrigen soll durch eine Verdopplung der Bemessungsgrundlage für die steuerliche Forschungsförderung befristet bis Ende 2025 auf 4 Millionen EUR pro Unternehmen und Jahr garantiert werden, dass trotz wirtschaftlicher Beeinträchtigung infolge der Krise weiterhin Forschung und Entwicklung vorangetrieben wird.

Durch die Verschiebung des Fälligkeitszeitpunktes der Einfuhrumsatzsteuer auf den 26. des zweiten auf eine Einfuhr folgenden Monats soll für die Unternehmen mehr finanzielle Freiheit geschaffen werden.

Bewertung

Die Maßnahmen der Bundesregierung sind grundsätzlich zu begrüßen. Insbesondere Regelungen wie die zur Verlustrechnung, die zur geplanten degressiven Abschreibung für Wirtschaftsgüter und die Erhöhung des Freibetrags für Hinzurechnungstatbestände (vgl. zu den genannten Punkten jeweils im Detail den oben verlinkten Gesetzesentwurf) sind von erheblichem unternehmerischen Vorteil und damit dem legitimen Ziel der konjunkturellen Förderung in jeder Hinsicht förderlich.

Jedoch begegnet insbesondere die Absenkung der Mehrwertsteuersätze erheblichen praktischen Bedenken. Ungeklärt bleibt, wie binnen kürzester Zeit die Umstellung von Kassensystemen, Rechnungssystemen etc. erfolgen kann, um dem Endverbraucher den Umsatzsteuervorteil auch tatsächlich gewähren zu können. Man möchte auch die Frage aufwerfen, ob die Absenkung der Mehrwertsteuersätze nicht auch für eine Preiserhöhung des Handels genutzt wird. Zudem darf nicht außer Sichtweite bleiben, dass viele Arbeitnehmer aktuell in Kurzarbeit sind, und aufgrund dessen gar nicht wirtschaftlich in der Lage sind, weitreichendere Investitionen über das übliche Maß der Grundversorgung hinaus zu tätigen, wenngleich dem die Tatsache entgegensteht, dass durch die Absenkung der Steuersätze jede Form von Konsum gefördert wird. Bezüglich der Absenkung der Mehrwertsteuersätze ist das begleitende und erwartete BMF-Schreiben abzuwarten. Hier wird hoffentlich Klarheit geschaffen.

Im Ergebnis bleibt abzuwarten, wie erfolgreich das beschlossene Maßnahmenpaket in der Praxis ist. Gerade im Lichte einer möglichen weiteren Pandemie-Welle werden der Bundesrepublik wohl noch herbere wirtschaftliche Einschnitte bevorstehen können.

Julia Wulf
Fachanwältin für Arbeitsrecht

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