Landesarbeitsgericht Köln, Beschluss vom 14.07.2016 – 8 Sa 324/16

Hintergrund

Streitig zwischen den Parteien ist, ob aufgrund des mit Tod der Erblasserin beendeten Arbeitsverhältnisses die Erbengemeinschaft den Urlaubsabgeltungsanspruch gegen die Beklagte geltend machen kann. Zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestand noch ein Urlaubsanspruch von 48 Tagen. Dabei handelt es sich um einen Resturlaubsanspruch aus dem Vorjahr, der aufgrund einer Erkrankung nicht genommen werden konnte, sowie einen anteiligen Urlaubsanspruch für das laufende Jahr.

Die Eltern als alleinige Erben der Verstorbenen machten sodann den Urlaubsabgeltungsanspruch von 48 Tagen geltend. Die Beklagte, frühere Arbeitgeberin der Verstorbenen, verweigerte dies. Die Klage wurde beim Arbeitsgericht anhängig und ihr wurde zugunsten der Kläger stattgegeben. Im Rahmen der Berufung verfolgt die Beklagte weiterhin die Auffassung, dass ein Urlaubsanspruch im Fall des durch den Tod der Erblasserin beendeten Arbeitsverhältnisses nicht entstanden sei.

Die Beklagte beantragte das Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt hingegen die Zurückweisung der Berufung und die Abänderung des erstinstanzlichen Urteils insoweit, dass die Beklagte verurteilt wird an die Erbengemeinschaft eine Urlaubsabgeltung i.H.v. 4.001,78 € zu zahlen.

Die Berufung ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Die Beklagte wird verpflichtet an die Erbengemeinschaft eine Urlaubsabgeltung für 48 Urlaubstage zu zahlen.

Gründe

Das Berufungsgericht folgt den Entscheidungsgründen des Arbeitsgerichts und schließt sich der Begründung dessen an. Der neuen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zufolge geht zwar der Urlaubsanspruch durch den Tod des Arbeitnehmers unter und wandele sich nicht in einen Abgeltungsanspruch i.S.v § 7 Abs. 4 BurlG um. Dem steht jedoch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs entgegen, die aus Art. 7 der RL 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung einen Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs auch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses von Todes wegen herleitet und den Anspruchsumfang bestimmt. Die europäische Arbeitszeitrichtlinie ist dahingehend auszulegen, dass einzelstaatliche Rechtsvorschriften, wonach der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub ohne Begründung eines Abgeltungsanspruchs für nicht genommenen Urlaub untergeht, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers endet, unwirksam sind. Ansonsten würde nämlich der Tod des Arbeitnehmers rückwirkend zum vollständigen Verlust des Urlaubsanspruchs führen .Diese Auslegung des Unionsrechts ist für die nationalen Gerichte bindend.

Das Argument, der Arbeitnehmer könne nun nicht mehr in den Genuss des Urlaubs kommen und dass damit der Sinn und Zweck des Abgeltungsanspruches verfehlt sei, überzeuge nicht. Denn mit Aufgabe der Surrogationstheorie durch das Bundesarbeitsgerichts stelle der Urlaubsabgeltungsanspruch kein Äquivalent zum Urlaubsanspruch sondern vielmehr einen Teil des Vermögens des Arbeitnehmers dar.
Da dem Arbeitsrecht nachwirkende Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis nicht fremd sind, soweit sie im laufenden Arbeitsverhältnis angelegt sind, könne auch das Argument der Urlaubsabgeltungsanspruch konnte gar nicht mehr bei dem Erblasser entstehen, nicht gefolgt werden.

Bewertung

Dem Urteil des Landesarbeitsgerichts ist zuzustimmen. Es setzt die Auslegung der europäischen Richtlinie konsequent um. Damit wird es der Schutzrichtung des Arbeitsrechts gerecht, indem es den Arbeitnehmer sogar noch nach dem Tode weiterhin privilegiert. Weiterhin stützt es durch die Übernahme der Entscheidungsgründe das Urteil des Arbeitsgerichts Köln, welches bereits europarechtskonform somit zutreffend entschieden hat.