Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 12.03.2021 – 6 Sa 824/20, Pressemitteilung 5/21

Hintergrund

Die Klägerin, eine Verkaufshilfe mit Backtätigkeiten, ist bei der Klägerin, einem Betrieb der Systemgastronomie, in Teilzeit beschäftigt und erhält aus diesem Beschäftigungsverhältnis einen Urlaubsanspruch von 14 Arbeitstagen.

In dem Monaten Juni, Juli und Oktober 2020 galt für die Klägerin infolge der Corona-Pandemie durchgehend Kurzarbeit Null. Bei Kurzarbeit Null muss ein Arbeitnehmer nicht nur weniger, sondern gar nicht arbeiten.

Die Klägerin ist der Ansicht, ihr Urlaubsanspruch bleibe von der Kurzarbeit unberührt. Dies begründet sie damit, dass konjunkturbedingte Kurzarbeit nicht auf Wunsch des Arbeitnehmers, sondern im Interesse des Arbeitgebers erfolgt. Zudem sei Kurzarbeit keine Freizeit, da der Arbeitgeber in diesem Zeitraum Meldepflichten unterliege und die Kurzarbeit vom Arbeitgeber kurzfristig frühzeitig beendet werden kann, sodass es an der Planbarkeit der freien Zeit fehle. Sie begehrt mit ihrer Klage somit die Feststellung, dass ihr für das Jahr 2020 der ungekürzte Urlaubsanspruch zustehe.

Nach Ansicht der Arbeitgeberin entstünden im Zeitraum der Kurzarbeit Null mangels Arbeitspflicht keine Urlaubsansprüche. Da der Klägerin bereits 11,5 Arbeitstage Urlaub gewährt wurden, habe die Beklagte den Urlaubsanspruch bereits vollständig erfüllt.

Gründe

Das Landesarbeitsgericht folgt der Entscheidung des vorinstanzlichen Arbeitsgerichts Essen und wies die Klage ab. Für die Monate Juni, Juli und Oktober 2020 habe die Klägerin aufgrund der Kurzarbeit Null keinen Urlaubsanspruch erworben. Der Jahresurlaub 2020 steht ihr darum nur anteilig in gekürztem Umfang zu.

Da der Erholungsurlaub den Zweck bedienen soll, sich zu erholen, setzt dies eine Verpflichtung zur Tätigkeit voraus. Da während der Kurzarbeit die beiderseitigen Leistungspflichten aufgehoben sind, werden Kurzarbeiter wie vorübergehend teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer behandelt, deren Erholungsurlaub ebenfalls anteilig zu kürzen ist.

Das deutsche Recht enthält hierzu bisher keine Regelung. Es existiert weder eine spezielle Regelung für Kurzarbeit, noch eine Regelung aus dem Bundesurlaubsgesetz. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf entspricht jedoch dem Europäischen Recht, da der Europäische Gerichtshof bereits zuvor entschieden hat, dass während der Kurzarbeit Null der europäische Mindesturlaubsanspruch aus Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG nicht entsteht.

Kurzarbeit Null ist insbesondere nicht mit Arbeitsunfähigkeit zu vergleichen, auch wenn diese durch die Corona-Pandemie veranlasst ist.

Das Landesarbeitsgericht hat die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

Bewertung

Das arbeitsmarktpolitische Instrument der Kurzarbeit hat viele Arbeitnehmer vor dem Verlust ihrer beruflichen Tätigkeit bewahrt. Nach einem Jahr Corona-Krise machen sich nun die Spätfolgen der weit verbreiteten Kurzarbeit bemerkbar. So müssen, wie auch in oben genannter Entscheidung, die damit verbundenen, bisher ungeklärten Fragen geklärt werden.

Die Entscheidung des Landesarbeitsgericht fiel erwartungsgemäß aus und erzielt faire Lösungen. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts bleibt abzuwarten.

Dr. iur. Christoph Roos
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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