Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.01.2017 – 5 Sa 51/16

Hintergrund

Der 1960 geborene, verheiratete Kläger war seit Februar 1993 bei der Beklagten zu einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt ca. 2.150,00 EUR als Montagehelfer beschäftigt. Die Beklagte befasste sich mit der Herstellung und Montage von Fenstern, Türen und Fassaden aus Aluminium. Sie beschäftigte Ende April 2014 insgesamt 61 Arbeitnehmer. Ein Betriebsrat bestand nicht. Der Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Beklagten fasste am 22.04.2014 den Entschluss, seinen Betrieb stillzulegen. Mit Schreiben vom 23.04.2014 erstattete der jetzige Prozessbevollmächtigte der Beklagten bei der zuständigen Agentur für Arbeit eine Massenentlassungsanzeige.
Am 25.04.2014 informierter der Geschäftsführer die Belegschaft über die geplante Betriebsstilllegung und die damit verbundenen Kündigungen. Mit Schreiben vom 28.04.2014 kündigte die Beklagte sämtlichen Arbeitnehmern wegen beabsichtigter Betriebsstilllegung. Dem Kläger kündigte sie ordentlich zum 30.11.2014. Das Kündigungsschreiben ging ihm noch im April 2014 zu.

Gegen die Kündigung erhob der Kläger am 12.05.2014 die vorliegende Klage. Er machte geltend, die Kündigung sei sozial nicht gerechtfertigt. Die Mitteilung über die beabsichtigte Betriebsschließung sei zu einem verspäteten Zeitpunkt erfolgt. Die Beklagte sei aufgrund ihrer Fürsorgepflicht verpflichtet gewesen, ihn rechtzeitig über die geplante Stilllegung zu informieren. Er hätte dann früher geeignete Maßnahmen einleiten können, um eventuell seinen Arbeitsplatz durch eine Weiterführung durch geeignete Dritte zu sichern. Darüber hinaus sie die Beklagte verpflichtet, ihm eine angemessene Abfindung zu zahlen. Die Beklagte verfüge über genügend finanzielle Mittel, die sie letztlich der Arbeitskraft ihrer Mitarbeiter zu verdanken habe.

Gründe

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Schon erstinstanzlich hat das Arbeitsgericht die Kündigungsschutzklage zu Recht als unbegründet abgewiesen. So entschied auch das Landesarbeitsgericht, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 28.04.2014 mit Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zum 30.11.2014 aufgelöst wurde. Ein Weiterbeschäftigungsanspruch besteht demnach nicht. Auch der zweitinstanzliche Hilfsantrag auf Zahlung einer Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes ist unbegründet.

Das Landesarbeitsgericht entschied konkret, dass die ordentliche Kündigung der Beklagten sozial gerechtfertigt ist, weil sie durch dringende betriebliche Erfordernisse i.S.v. § 1 Abs. 2 KSchuG bedingt ist, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers entgegenstehen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gehört die Stilllegung des gesamten Betriebes durch den Arbeitgeber zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen i.S.v. § 1 Abs. 2 KSchuG, die einen Grund zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung darstellen.

Zudem ist auch die Ansicht des Klägers, die Kündigung sei unwirksam, weil ihm die Beklagte – trotz finanzieller Leistungsfähigkeit – keine Abfindung gezahlt habe, rechtlich verfehlt. Das Arbeitsgericht musste auch nicht prüfen, welche finanziellen Mittel die Beklagte hätte zur Verfügung stellen können, um den entlassenen Arbeitnehmern Abfindungen zu zahlen. Auch wenn es der Kläger nicht wahrhaben will, ist die Beklagte zur Zahlung von Abfindungen gesetzlich nicht verpflichtet.

Außerdem entschied das LAG, dass die Kündigung nicht gem. § 134 BGB nichtig ist, weil sie vor Erstattung der Massenentlassungsanzeige gem. § 17 Abs. 1 KSchG erklärt wurde. Auch dies habe das Arbeitsgericht erstinstanzlich zutreffend erkannt.

Bewertung

Der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz ist zuzustimmen.

Im Streitfall haben sich dringende betriebliche Gründe für die beabsichtigte Betriebsstilllegung konkret und greifbar abgezeichnet. Der Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Beklagten hat seine Entscheidung nicht etwa für sich behalten, sondern die Belegschaft am 25.04.2014 hierüber informiert. Er hat seinen Stilllegungsbeschluss außerdem auf der Homepage veröffentlicht und eine Massenentlassungsanzeige erstattet. Dies entspricht den gesetzlichen Anforderungen, sodass eine ordentliche Kündigung rechtmäßig und die Kündigungsschutzklage dementsprechend abzuweisen ist.