FG Düsseldorf, Urteil vom 26.01.2017, 9 K 3682/15 L

Hintergrund

Die Klägerin, ein Unternehmen, übernahm mit Ausnahme der Anreise die Kosten für die Teilnahme an einer „Sensibilisierungswoche“ für jeden Mitarbeiter. Inhalt dieser Veranstaltung war die „Entwicklung von Personalressourcen“. Die Teilnahme an diesem Seminar stand allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern frei. Eine Verpflichtung gab es nicht. Bei Anmeldung zu diesem Seminar bestand Anwesenheitspflicht unter Androhung von Sanktionen bei unentschuldigtem Fehlen. Die Kosten für die Veranstaltung beliefen sich auf 1.300 EUR pro Person. Die Arbeitnehmer waren gehalten, für die Zeit des Seminars Urlaub zu nehmen. In den Jahren 2008 bis 2010 nahmen 16,5 % der Mitarbeiter an der Veranstaltung teil. Für die Ermöglichung dieser Teilnahme und das Bemühen wurde die Kläger als Unternehmen ausgezeichnet, das sich in besonders vorteilhafter Weise für die Gesundheit und Leistungsfähigkeit seiner Mitarbeiter einsetzt. Nach einer Lohnsteueraußenprüfung war streitig, ob die Kostenübernahme durch die Klägerin eine Zuwendung mit Entlohnungscharakter darstellt und damit als Arbeitslohn der Lohnsteuer unterliegt. Die Klägerin wurde mit Lohnsteuernachforderungsbescheid vom 03.04.2012 für die Jahre 2008 bis 2010 im Zusammenhang mit ihren Arbeitnehmern gewehrten geldwerten Vorteilen in Gestalt der Durchführung der Sensibilisierungswoche in Anspruch genommen. Hiergegen erhob die Klägerin erfolglos Einspruch und erhob sodann Klage vor dem Finanzgericht Düsseldorf (folgend FG).

Die Klage wurde abgewiesen, die Revision zugelassen.

Gründe

Das FG folgte der Auffassung der Lohnsteueraußenprüfung, dass der der Sensibilisierungswoche zuzumessende Wert als Arbeitslohn in Form eines geldwerten Vorteils zu bewerten ist. Der Vorteil sei nicht in ganz überwiegendem eigenbetrieblichen Interesse gewehrt worden. Der Lohn werde für die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers gewehrt. Wie der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 11.03.2010 (Az. VI R 7/08, BStBl. II 2010, S. 763) ausführte, sind solche Vorteile kein Arbeitslohn, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen. Demnach müsse der Vorteil in ganz überwiegendem eigenbetrieblichen Interesse gewehrt worden sein, um nicht als Arbeitslohn qualifiziert zu werden.

Die Seminarveranstaltung der Klägerin war eine gesundheitspräventive Maßnahme, die keinen Bezug zu berufsspezifisch bedingten gesundheitlichen Beeinträchtigungen hatte, so das FG. Gerade unter Berücksichtigung einer Förderung durch zwei Krankenkassen und der Zielsetzung der Klägerin, Erkenntnisse über einen gesunden Lebensstil vermitteln zu wollen, sei auch ein Interesse der Klägerin bzw. des Arbeitgebers aber insbesondere ein Interesse der Arbeitnehmer gegeben. Die geringe Zahl an Teilnehmern und ihr individuelles Aufkommen für die Fahrtkosten bei gleichzeitigem Fehlen touristischen Angebotes und Aufwendung eigener Freizeit und Urlaub, spreche dafür, dass die Veranstaltung mehr für die Sphäre des Arbeitnehmers von Bedeutung war. Nach Auffassung des FG wäre es für eine betriebliche Veranstaltung geboten gewesen, nicht das Einsetzen des eigenen Urlaubs der Arbeitnehmer zu fordern. Zudem sei die Veranstaltung isoliert und abschließend ohne darauf aufbauende Kurse oder Ähnliches gewesen. Der Inhalt des konkreten Angebotes sei für den Arbeitnehmer maßgebend. Eine gemischte Veranlassung lehnte das FG aufgrund fehlender Möglichkeit zur Aufspaltung der Veranstaltung ab. Eine Qualifizierung als Arbeitslohn sei aufgrund der gesetzgeberischen Wertung richtig. Die Veranstaltung stelle eine gesundheitspräventive Maßnahme i.S.d. §§ 20, 20a SGB V dar, die unter die Qualifikation als Arbeitslohn nach § 3 Nr. 34 EStG fällt.

Bewertung

Der Entscheidung ist im Licht der Auslegung und ergangenen Rechtsprechung zuzustimmen. Auch wenn auf den ersten Blick das eigenbetriebliche Interesse eindeutig zu sein scheint, und seitens der Klägerseite auch nachvollziehbar dargelegt wird, kann diese Auffassung einer genauen rechtlichen Überprüfung, wie durch das FG vorgenommen, nicht standhalten. Unter Maßgabe der dargelegten Kriterien, insbesondere des abschließenden Charakters der Veranstaltung und der erforderlichen Urlaubsaufwendung ist der Veranstaltung ein überwiegendes eigenbetriebliches Interesse abzusprechen. Für Arbeitgeber bedeutet die Entscheidung erneut eine Herausforderung. Die Entscheidung zeigt, dass eigenbetriebliches Interesse begründet sein muss und bestimmten Anforderungen unterliegt. Diese müssen eingehalten werden. Im Sinne der Steuergerechtigkeit ist die Entscheidung als richtig zu bewerten.

Dr. iur. Christoph Roos

Fachanwalt für Arbeitsrecht