Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 06.05.2017 – 9 AZR 572/16

Hintergrund

Die Klägerin ist bei der beklagten öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt als Redakteurin beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet u.a. der Manteltarifvertrag zwischen dem Hessischen Rundfunk und der Tarifgemeinschaft im Hessischen Rundfunk (MTV HR) Anwendung. Danach hat die Klägerin nach der Vollendung des 40. Lebensjahres einen Anspruch auf 31 Urlaustage.

Für den Zeitraum vom 01.04.2012 bis zum 31.03.2018 begründeten die beiden Parteien ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Blockmodell mit einer Arbeitsphase bis zum 31.03.2015. Daran anschließend sollte eine Freistellungsphase erfolgen. Es wurde vereinbart, dass der Klägerin während der aktiven Altersteilzeit Erholungsurlaub, in dem ihr laut Arbeitsvertrag zustehenden Umfang, gewährt wird und der Urlaub während der passiven Freistellungszeit entfällt.

Am 12.12.2014 beantragte die Klägerin für das Jahr 2015 31 Urlaubstage. Die Beklagte gewährte ihr jedoch nur acht Urlaubstage und lehnte den Antrag im Übrigen ab. Mit ihrer Klage verlangte die Klägerin wegen Nichtgewährung von 23 Urlaubstagen für das Jahr 2015 Ersatz in Geld. Die Klage hatte in erster Instanz zunächst vor dem Arbeitsgericht Erfolg. Sie wurde jedoch sowohl vom Landesarbeitsgericht in zweiter Instanz als auch von Bundesarbeitsgericht abgewiesen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat weder Anspruch auf Schadensersatz in Geld noch auf Abgeltung von 23 Arbeitstagen Ersatzurlaub aus dem Jahr 2015 vor der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.03.2018. Es muss daher nicht entschieden werden, ob die Klägerin überhaupt einen Urlaubsanspruch im Umfang von 31 Arbeitstagen für 2015 hatte.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Schadensersatz in Geld gemäß § 251 Abs. 1 BGB an Stelle der Gewährung von Erholungsurlaub, weil ein Anspruch auf Ersatzurlaub wegen des Eintritte in die Freistellungsphase der Alterszeit nicht mehr zu realisieren ist. Wird der rechtzeitig verlangte Urlaub nicht gewährt, so hat der Arbeitsnehmer einen Schadensersatzanspruch, der ihm einen Ersatzurlaub im Umfang seines originären Urlaubsanspruchs gewährt. Damit ist der bezahlte Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers gesichert, denn mit der Entstehung des Ersatzurlaubsanspruchs erhält der Arbeitnehmer Schadensersatz im Rahmen der Naturalrestitution im Sinne des § 249 Abs. 1 BGB. § 251 Abs. 1 BGB in Form von Schadensersatz in Geld findet keine Anwendung. Der Anspruch auf Abgeltung von Ersatzurlaub richtet sich nach den Voraussetzungen des § 7 BurlG. Dies ist auch der Fall, wenn der Ersatzurlaub, wie im vorliegenden Fall wegen Wegfall der Arbeitspflicht, nicht mehr tatsächlich gewährt werden kann.

Die Klägerin hat jedoch auch keinen Anspruch auf Abgeltung des Ersatzurlaubs gemäß § 7 Abs. 4 BurlG zum Zeitpunkt der Beendigung der Arbeitsphase des Altersteilzeitverhältnisses, denn § 7 Abs. 4 BurlG sieht eine Abgeltung erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor. Im vorliegenden Fall ist aber lediglich die aktive Arbeitsphase beendet. Während der passiven Freistellungsphase, in der sich die Klägerin noch befindet, besteht das Arbeitsverhältnis fort. Der Arbeitgeber ist zur Entgeltleistung verpflichtet. Das Arbeitsverhältnis endet erst zum vereinbarten Termin mit Ablauf des 31.03.2018.

Bewertung

Der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ist zu zustimmen.

Der Anspruch auf Abgeltung des sog. Ersatzurlaubs richtet sich nicht nach § 251 Abs. 1 BGB, sondern nach den Vorgaben des § 7 Abs. 4 BurlG. Er entsteht mit der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Daher besteht vorliegend kein Anspruch auf Schadensersatz in Geld wegen nicht gewährter Urlaubstage, da das Arbeitsverhältnis – wenn auch in einer passiven Freistellungsphase – noch fortdauert.