Das Problem

Nicht selten kommt es in der Realität zu der Situation, in der offiziell krankgeschriebene Arbeitnehmer beim Spaziergang im Park oder bei anderen Tätigkeiten gesehen werden. Dies ruft bei den Arbeitgebern regelmäßig ein erhebliches Ärgernis hervor, da schließlich der Grundsatz gilt:
Der Arbeitnehmer hat sich während seiner krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit zu schonen. Er ist somit während dieses Zeitraums verpflichtet, alles zu unterlassen, was den Heilungsprozess verzögern könnte. Im Konkreten darf der Arbeitnehmer während seiner Arbeitsunfähigkeit keinen (Freizeit-)Aktivitäten nachgehen, die an die durch die Krankheit eingeschränkten Körperfunktionen erhebliche Anforderungen stellen. Der Genesungsprozess darf also nicht leichtfertig gefährdet werden.
Dieser Grundsatz führt aber nicht zu einer Verpflichtung des Arbeitnehmers, eine absolute Bettruhe einzuhalten. Die körperliche Schonung während des Genesungsprozesses ist immer von der Art und der Schwere der Erkrankung abhängig zu machen. Beachtet man dieses Abhängigkeitsverhältnis, ist der Arbeitnehmer nur in den seltensten Fällen verpflichtet, das Bett zu hüten. Deshalb kann der Arbeitgeber regelmäßig nicht auf ein genesungswidriges Verhalten schließen, wenn sein Arbeitnehmer

  • Spaziergänge unternimmt,
  • Sport treibt (ausgenommen Extrem- und Leistungssport),
  • Reisen oder Ausflüge unternimmt (sofern die Art der Erkrankung nicht entgegensteht),
  • einkaufen geht oder
  • sonstige Besorgungen erledigt.

Mittel des Arbeitgebers gegen sog. „Blaumacher“

1. Die Kündigung
Täuscht ein Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit nur vor, rechtfertigt dies regelmäßig eine verhaltensbedingte Kündigung. Der Arbeitnehmer betrügt den Arbeitgeber mit Vorlage einer falschen Krankschreibung und erhält Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Allerdings muss der Arbeitgeber beweisen, dass sein Arbeitnehmer tatsächlich nicht arbeitsunfähig erkrankt war. Anhaltspunkte hierfür können folgende Aktivitäten des Arbeitnehmers sein. Etwa wenn er während seiner Arbeitsunfähigkeit

  • beschwerliche Reisen antritt,
  • strapaziösen sportlichen Betätigungen oder
  • anstrengenden und beschwerlichen Nebentätigkeiten nachgeht.

Doch auch wenn das Vortäuschen der Krankheit nicht bewiesen werden kann, bleibt unter Berücksichtigung des jeweiligen Einzelfalls immer noch eine Kündigung möglich. Eine grobe Verletzung der Pflicht des Arbeitnehmers während des Genesungsprozesses diesen  verzögernde Umstände zu unterlassen, kann nämlich ebenfalls einen Kündigungsgrund darstellen.
2. Entgeltfortzahlung nur für notwendige Genesungszeit
Wird die Genesung verzögert, verstößt der Arbeitnehmer gegen seine arbeitsvertragliche Rücksichtspflicht (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26.08.1993 – 2 AZR 154/93). Die Pflicht zur Entgeltfortzahlung besteht nur so lange, wie die Arbeitsunfähigkeit bei pflichtgemäßem Verhalten gedauert hätte. Für die Verzögerung der Genesung muss der Arbeitgeber keine Entgeltfortzahlung leisten.

Bewertung

Ein Arbeitnehmer darf während seiner Arbeitsunfähigkeit allen Tätigkeiten nachgehen, die seiner Genesung nicht im Wege stehen. Durch sein Verhalten darf er die Heilung jedoch nicht erschweren oder verzögern. Eine strenge Bettruhe muss der Arbeitnehmer allerdings nicht einhalten. Letztlich hängt das Erlaubte immer von der Art und Schwere der Erkrankung ab. Sogar einer erlaubten Nebentätigkeit darf der Erkrankte noch nachgehen, solange der Heilungsprozess dadurch nicht verzögert wird.