Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 30.08.2017 – 7 AZR 864/15
Hintergrund
Der Kläger arbeitet als Schauspieler und spielte 18 Jahre lang in der vom ZDF ausgestrahlten Serie „Der Alte“ den Kommissar „Axel Richter“. Die Serie wird von der Beklagten im Auftrag des ZDF produziert. Zwischen den Parteien wurden dafür sogenannte „Schauspielverträge“ abgeschlossen. Diese bezogen sich jeweils nur auf eine Folge oder auf die Folgen eines Kalenderjahres und sahen eine Pauschalvergütung pro Folge vor. Als letztes wurde ein solcher Vertrag für die Folgen Nr. 391 und 392 für den Zeitraum vom 18.10. bis zum 18.11.2014 vereinbart. Daraufhin erklärte die Beklagte gegenüber dem Kläger, dass sein Engagement für diese Rolle nun mit diesen beiden Folgen endete. Sie kündigte das Arbeitsverhältnis fristlos und hilfsweise ordentlich zum nächstmöglichen Termin. Dagegen wehrte sich der Kläger mit einer Befristungskontrollklage. Diese begründete er damit, die Befristung des zuletzt geschlossenen Arbeitsverhältnisses sei mangels Sachgrunds unwirksam. Außerdem solle eine unzulässige Kettenbefristung vorliegen. Seine Klage scheiterte jedoch in allen Instanzen.
Gründe
Das Bundesarbeitsgericht hält die Berufung des Klägers für unbegründet. Die Befristung des zuletzt geschlossenen Vertrages über die letzten beiden Folgen sei durch die Eigenart der Arbeitsleistung gemäß § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 TzBfG sachlich gerechtfertigt. Der dort geregelte Sachgrund hat den Zweck, es Arbeitgebern zu ermöglichen, dass sie ihrem Gestaltungsinteresse nachkommen. Dieses ist durch die in Art. 5 Abs. 3 GG geregelte Kunstfreiheit geprägt. § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 TzBfG ist jedoch verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass neben der Kunstfreiheit des Arbeitgebers auch der Mindestbestandsschutz des Arbeitnehmers nach Art. 12 Abs. 1 GG zu beachten ist. Insofern hat eine Interessenabwägung zu erfolgen. Vorliegend überwiegt jedoch das Interesse der Beklagten, die Rolle des Klägers nur befristet zu besetzen. Das Gericht begründet dies mit künstlerischen Erwägungen. Die langjährige Beschäftigung des Klägers vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern.
Bewertung
Das Bundesarbeitsgericht hat hiermit eine Entscheidung für die Kunstfreiheit getroffen. Ein Drehbuch zu schreiben unterfällt der Kunstfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 GG und die Entscheidung, eine Rolle nur befristet zu besetzen, unterliegt künstlerischen Erwägungen. Künstlerisch tätige Arbeitnehmer müssen bei ihrem Mindestbestandsschutz nach Art. 12 Abs. 1 GG demnach Abstriche in Kauf nehmen.