Pressemitteilung Bundesregierung vom 20.05.2020

Hintergrund

Die bundesweiten Schließungen von Schulen und Kitas infolge der Corona-Pandemie fordern sorgeberechtigte Erwerbstätige bis heute – trotz teilweise wieder geöffneter Einrichtungen – heraus. War und ist keine Betreuung der anvertrauten Kinder möglich, musste und muss die Betreuung zuhause erfolgen. Sind die Betreuenden Arbeitnehmer, stellt sich die Frage, wie dann die qua Arbeitsvertrag geschuldete Arbeitsleistung erbracht werden kann. Kann der Arbeitnehmer dieser Pflicht nicht nachkommen entfällt zumindest über die Regelung des § 616 BGB hinaus die Gegenleistungspflicht des Arbeitgebers, nämlich die Pflicht zur Lohnzahlung.

Zur Abfederung finanzieller Ausfälle über § 616 BGB hinaus hat der Gesetzgeber mit Wirkung zum 1. April 2020 § 56 Abs. 1a IfSG geschaffen.

Bei Vorliegen der normierten Voraussetzungen wird bisher dem sorgeberechtigten Arbeitnehmer ein Betrag in Höhe von 67 Prozent des Verdienstausfalls – also Ausfall des Nettoeinkommens bzw. Netto-Arbeitsentgelts – für einen Zeitraum von längstens sechs Wochen gewährt. Der Höchstbetrag pro Monat beläuft sich auf 2.016,- EUR. (Lesen Sie bereits zu diesem Thema und den genauen Voraussetzungen unseren Beitrag Updates zu Corona – Arbeitsrecht – vom 2. April 2020 – „Schafft Entschädigungsanspruch für Arbeitnehmer bei Schul-und Kitaschließung infolge der Corona-Pandemie neue Probleme?“)

Die Bundesregierung hat sich nun für eine Anpassung der bisherigen Regelung entschlossen.

Nun soll der Anspruch auf Entgeltfortzahlung auf einen Zeitraum von bis zu 20 Wochen ausgedehnt werden können. Dabei entfallen auf Alleinerziehende die vollen 20 Wochen und auf Nicht-Alleinerziehende entfällt pro Sorgeberechtigten ein Zeitraum von 10 Wochen. Zudem soll der Zeitraum nicht am Stück genommen werden müssen, sondern soll auf mehrere Monate verteilt werden können.

Gesetzlich soll zu diesem Ziel die bestehende Regelung im Infektionsschutzgesetz (§ 56 IfSG) angepasst werden. Hierzu ist die Zustimmung des Bundestags und des Bundesrats erforderlich. Insoweit ist das weitere Gesetzgebungsverfahren abzuwarten.

Bewertung

Mit Blick auf die Situation vieler Familien ist die geplante Anpassung des IfSG zu begrüßen. Wie Bundesfamilienministerin Giffey bereits sagte, bringt eine entsprechende Regelung „für viele Familien mehr finanzielle Sicherheit“. Nichtsdestotrotz wird – soweit sich im weiteren Gesetzgebungsverfahren keine Änderungen ergeben – der Gesetzgeber der geplanten Anpassung erneut die Möglichkeit verpassen, eine auch wirtschaftsfördernde Regelung zu treffen. Nach wie vor sind es die Arbeitgeber, die zunächst für die Entgeltfortzahlung eintreten müssen, um sich im Nachhinein die Beträge aus der Staatskasse rückerstatten zu lassen. Dieses System gefährdet – um mit den Worten von Frau Giffey zu sprechen – die finanzielle Sicherheit von Arbeitgebern. In Zeiten klammer Kassen und Auftragseinbrüchen sind regelmäßig nicht ausreichend finanzielle Mittel vorhanden, um finanzielle Engpässe zu überbrücken.

Dr. Christoph Roos

Fachanwalt für Arbeitsrecht

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