SG Heilbronn, Urteil vom 1.2.2017- S 10 R 3237/15

Hintergrund

Die 1971 geborene Klägerin ist ausgebildete Krankenschwester für Anästhesie und Intensivmedizin. Sie ist Mitglied in einem Verbund mit anderen Pflegekräften, die von einer Agentur an verschiedene Krankenhäuser vermittelt werden. Dort werden sie unter der Bezeichnung „freie Mitarbeiter“ tätig. Im Jahr 2014 arbeitete sie von April bis Juni in einem dieser Krankenhäuser und erhielt dafür eine Vergütung von mehr als 17.000 Euro. In dem zuvor mit dem Krankenhaus abgeschlossenen „Dienstleistungsvertrag“ wurde vereinbart, dass die Klägerin „Dienstleistungen gemäß dem Berufsbild einer examinierten Kranken- und Gesundheitspflegekraft“ und „keine Arbeitnehmerin im Sinne des Sozialversicherungs-, Steuer- und Arbeitsrechts“ sei. Ferner könne die Klägerin „als freier Unternehmer grundsätzlich auch mehr als zehn Stunden pro Tag eingesetzt werden“. Die Beklagte ist die Rentenversicherung DRV Bund, die auf einen Statusfeststellungsantrag hin entschied, dass die Klägerin in dem Krankenhaus für den genannten Zeitraum abhängig beschäftigt gewesen sei. Die Krankenpflegerin hatte mit ihrer hiergegen gerichteten Klage keinen Erfolg.

Gründe

Das Sozialgericht Heilbronn hat die Ansicht vertreten, dass keine selbstständige Tätigkeit vorgelegen hat. Zwar kann der Wille der Vertragsparteien zu freier Mitarbeit ein Indiz hierfür sein, entscheidend ist aber letztendlich stets die tatsächliche Durchführung des Vertrages. Ein wichtiges Kriterium ist, wie eng die Einbindung in die Betriebsorganisation ist. Vorliegend hatte die Klägerin bei Dienstantritt die Patienten übernommen und nach Dienstende wieder übergeben. Dies hatte das Gericht als Anzeichen dafür gesehen, dass die Klägerin in die betriebliche Organisation des Krankenhauses eingebunden sei. Darüber hinaus spricht für einen Arbeitnehmerstatus, dass sie die Anweisungen der diensthabenden Ärzte befolgen musste und ihre Arbeit von der Stationsleitung kontrolliert wurde. Mit den anderen fest angestellten Pflegekräften hat sie zusammengearbeitet und selbst kein wirtschaftliches Risiko getragen, da von vorneherein ein festes Stundenhonorar vereinbart wurde. Einem Unternehmerrisiko war sie mangels eigener Beschäftigung von Arbeitnehmern und Einsatz von Eigenkapitals auch nicht ausgesetzt. Nach eigenen Angaben hat die Klägerin lediglich zuhause ein eigenes Büro geführt. Sie trug lediglich das Einkommensrisiko, eines jeden Arbeitnehmers mit befristeten Verträgen. Zu guter Letzt kann auch die Angabe des Krankenhauses, dass derzeit Personalmangel herrsche, keine selbstständige Tätigkeit rechtfertigen. Dabei handelt es sich lediglich um ein Problem des Arbeitsmarktes. Folglich ist die Klägerin Arbeitnehmerin.

Bewertung

Der Ansicht des Sozialgerichts Heilbronn ist zuzustimmen. Man darf hier keinesfalls lediglich aufgrund der Bezeichnung der Tätigkeit als „freie Mitarbeit“ in dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag davon ausgehen, dass es sich auch um eine solche handelt. Es ist vielmehr auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen. Die Klägerin war vorliegend deutlich in die betriebliche Organisation des Krankenhauses eingebunden, und hatte den Vorgaben und Weisungen von Vorgesetzten Folge zu leisten. Es lag somit eindeutig ein Arbeitsverhältnis vor.