Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 15.02.2017 – 20 U 174/16

Hintergrund

Streitig zwischen den Parteien ist, ob eine Leistungspflicht der Hausratsversicherung aufgrund eines Wohnungseinbruchsdiebstahls besteht.

Im Juli 2013 war die Klägerin auf dem Rückweg von einer Betriebsfeier. Sie war in Begleitung eines Arbeitskollegen, der ihr Fahrrad schob. Im Korb des Fahrrads befand sich ihre Handtasche mit Wohnungsschlüssel und Ausweispapieren, ungesichert. Vor einer Säule stellten sie das Fahrrad ab und wandten sich einander zu. Währenddessen entwendete eine unbekannte Person die ungesicherte Handtasche. Das Entwenden stellten die Klägerin und ihre Begleitung nicht sofort fest. Mithilfe des in der entwendeten Handtasche befindlichen Wohnungsschlüssels drangen unbekannte Personen in die Wohnung der Klägerin ein und entwendeten Gegenstände im Gesamtwert von 17.500 EUR, Nach Angaben der Klägerin Schmuck, Mobiltelefone und Laptops. Vom Versicherungsgeber ihrer Hausratsversicherung verlangte die Klägerin die Hälfte des Wertes der entwendeten Gegenstände.

Die Versicherungsbedingungen des Versicherungsvertrages schrieben vor, dass ein Einbruchsdiebstahl dann vorliegt, wenn ein Eindringen in ein Gebäude mittels richtigen Schlüssels erfolgt, der innerhalb oder außerhalb des Gebäudes durch Diebstahl an sich gebracht wurde, soweit der Diebstahl des Schlüssels nicht durch fahrlässiges Verhalten ermöglicht wurde. In letzterem Punkt lag das Problem.

Die Klage vor dem Landgericht Münster (LG) blieb ohne Erfolg. Das Oberlandesgericht Hamm (OLG) wies die Berufung der Klägerin mit Beschluss vom 15.02.2017 zurück.

Gründe

Das OLG beurteilte, wie das LG, dass kein den Versicherungsbedingungen entsprechendes versichertes Ereignis vorlag. Das Verhalten der Klägerin sei fahrlässig gewesen. Das Abstellen des Fahrrads mit der im Korb befindlichen unbeaufsichtigten Handtasche sei fahrlässig gewesen.

Es sei objektiv erkennbar, dass ein sorgfaltswidriges Verhalten vorlag. Durch das Zurücklassen der Handtasche im Fahrradkorb habe die Möglichkeit des Zugriffs durch Dritte bestanden. Diese Möglichkeit hat sich realisiert.

Soweit die Klägerin im Umfeld keine weiteren Personen bemerkt haben sollte, habe sie nicht darauf vertrauen dürfen, dass nicht die Möglichkeit für ein Entwenden der Handtasche besteht.

Die durch die Klägerin gesetzte Gefahr sei objektiv vermeidbar gewesen. Die Klägerin hätte die Handtasche bei sich am Körper tragen können.

Auch subjektiv liege eine Pflichtverletzung vor. Die gesetzte Gefahr sei auch für die Klägerin persönlich erkennbar und vermeidbar gewesen. Trotz Alkoholkonsums von 2 bis 3 Gläsern Wein habe, so auch die eigene Angabe der Klägerin in erster Instanz, ein Ausschluss der Steuerungs-und Einsichtsfähigkeit nicht vorgelegen.

Ein Entfall der subjektiven Sorgfaltspflichtverletzung liege aufgrund eines Sturzes der Klägerin nicht vor, der zur Ablenkung geführt habe. Die Klägerin habe sich hiernach mit ihrem Arbeitskollegen über einen Zeitraum von bis zu 3 Minuten geküsst und dadurch eine hinreichende Möglichkeit für die Entwendung der Handtasche gegeben. Die Klägerin sei so stark abgelenkt gewesen, dass der Diebstahl, wie bereits erläutert, nicht sofort festgestellt wurde.

Es lag damit auch nach der Beurteilung des OLG kein versichertes Ereignis vor.

Bewertung

Der Entscheidung des OLG ist uneingeschränkt zuzustimmen. Das Gericht arbeitet die Anforderungen an das Vorliegen der Fahrlässigkeit präzise heraus und zeigt deutlich das fahrlässige Verhalten der Klägerin. Die Risikosetzung der Klägerin hat sich im Erfolg des Entwendens der Handtasche und darauf folgendem Wohnungseinbruchsdiebstahl realisiert.

Die rechtliche Bewertung führt zur Verwirklichung des Ausschlusses der Leistungspflicht des Versicherungsgebers. Es gilt, vor Betriebsveranstaltungen Versicherungsvereinbarungen zu lesen.