Bundesgerichtshof, Urteil vom 3.8.2017 – VII ZR 32/17

Hintergrund        

Der Kläger war seit Oktober 2008 für das Sortiment der Beklagten als Handelsvertreter tätig und erhielt dafür monatlich Provisionen. Der zugrundeliegende Handelsvertretervertrag wurde jedoch zum 31.12.2014 durch die Beklagte gekündigt. Daraufhin erhob der Kläger am 8.10.2015 eine Stufenklage und forderte auf der ersten Stufe die Erteilung eines Buchauszugs von der Beklagten. Er nahm dabei Bezug auf alle Geschäfte der Beklagten, die diese in der Zeit vom 27.10.2008 bis zum 31.12.2014 mit bestimmten, in einer Anlage näher bezeichneten Abnehmern geschlossen hatte. Für den Zeitraum vom 1.1.2012 bis zum 31.12.2014 erkannte die Beklagte diesen Anspruch an. Für die übrige Zeit wandte sie jedoch ein, dass der Anspruch inzwischen verjährt sei. Vor dem Landgericht wurde der Klage auf der ersten Stufe stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil dahingehend abgeändert, dass die Klage abgewiesen wird, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, dem Kläger einen Buchauszug über alle Geschäfte in der Zeit vom 27. Oktober 2008 bis zum 30. November 2011 zu erteilen. Dagegen wiederum wandte sich der Kläger mit seiner Revision und verlangte weiterhin die Erteilung des Buchauszugs auch für diesen Zeitraum, hatte jedoch damit keinen Erfolg.

Gründe

Der Bundesgerichtshof ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der Anspruch des Klägers aus § 87c Abs. 2 HBG für den streitigen Zeitraum verjährt ist und stimmt insofern mit dem Berufungsgericht überein. Für den Anspruch auf Erteilung des Buchauszugs gilt die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren des § 195 BGB. § 199 Abs. 1 BGB legt dabei als Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist den Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat, fest. Ein Anspruch ist entstanden im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB, sobald er notfalls im Wege der Klage geltend gemacht werden kann, regelmäßig also, wenn die Leistung fällig ist.

Für den Anspruch auf Erteilung des Buchauszugs stellt der BGH nun für die Entstehung auf den  Zeitpunkt ab, wenn der Unternehmer dem Handelsvertreter eine abschließende Abrechnung erteilt. Folglich beginnt die Verjährung auch nach der Ansicht des Senats mit dem Schluss des Jahres, in dem der Unternehmer die abschließende Abrechnung über die dem Handelsvertreter zustehende Provision vornimmt. Das Kriterium der Abgeschlossenheit sei erfüllt, wenn die Abrechnung ohne Einschränkungen und Vorbehalte erteilt wurde oder erklärt wird, dass keine Provisionen entstanden sind.

Weiterhin geht der BGH in seinem Urteil detailliert auf die Entstehungsvoraussetzungen des fraglichen Anspruchs ein, um den Verjährungsbeginn bestimmen zu können. Der Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs sei nicht bereits dann entstanden, wenn die Voraussetzungen des Anspruchs auf Abrechnung der Provision nach § 87c Abs.1 HGB vorliegen. Denn im Falle einer Weigerung des Unternehmers ist der Handelsvertreter zwar berechtigt, aber nicht verpflichtet, die beiden Ansprüche aus § 87c Abs. 1 und 2 HGB geltend zu machen. Dadurch werde der Unternehmer unter verjährungsrechtlichen Gesichtspunkten auch nicht unbillig benachteiligt, da er es selbst in der Hand hat, den Anspruch durch Erteilung der abschließenden Abrechnung fällig zu stellen. Ferner sei für die Entstehung des Anspruchs auf Buchauszugserteilung nicht erforderlich, dass der Handelsvertreter die Richtigkeit der Abrechnung anzweifelt. Ebenso wenig müsse die Abrechnung vollständig sein. Die Erteilung des Buchauszugs dient dem Handelsvertreter gerade dazu, die Vollständigkeit der Abrechnung zu überprüfen und eventuell weitere provisionspflichtige Geschäfte aufzudecken, ansonsten wäre der Anspruch überflüssig. Auch komme es für die Entstehung des Anspruchs nicht auf die Geltendmachung durch den Handelsvertreter an, da dieser es ansonsten in der Hand hätte, die Verjährung hinauszuzögern. Dies würde jedoch dem Sinn des Verjährungsrechts, Rechtsfrieden herzustellen, zuwiderlaufen. Außerdem handele es sich nicht um einen verhaltenen Anspruch, das heißt der Schuldner darf auch leisten, bevor der Gläubiger dies verlangt. Auf eine Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses komme es auch nicht an. Bei einer Einforderung während der Tätigkeit des Handelsvertreters kann es zwar infolgedessen zu Missstimmungen kommen, dennoch sei dem Handelsvertreter die Geltendmachung während der Vertragsbeziehung generell zumutbar und möglich.

Kenntnis von seinem Anspruch nach § 87c Abs. 2HGB erlange der Handelsvertreter grundsätzlich mit dem Zugang der  Abrechnung. Zusätzlich ist zu beachten, dass die Verjährung des Anspruchs nicht auf die Geschäfte beschränkt wird, die der Unternehmer tatsächlich abgerechnet hat, alle provisionspflichtigen Geschäfte werden erfasst. Nach diesen Maßgaben ist der Anspruch des Klägers auf Erteilung eines Buchauszugs für die von der Beklagten bis zum 30.11.2011 getätigten Geschäfte verjährt. Die Abrechnung wurde von der Beklagten im Dezember 2011 getätigt. Die regelmäßige Verjährungsfrist begann demnach mit dem Schluss des Jahres 2011 zu laufen mit der Folge, dass der Buchauszugsanspruch für diese Provisionen am 31. Dezember 2014 verjährt war. Seine Stufenklage erhob der Kläger erst im Jahr 2015, sodass er die Verjährung nicht mehr hemmen konnte. Der Anspruch ist somit für den streitigen Zeitraum nicht mehr durchsetzbar.

Bewertung

Für den Handelsvertreter, welcher bei der Provisionsberechnung regelmäßig auf Informationen des Unternehmers angewiesen ist, sind die gesetzlich für ihn vorgesehen Kontrollrechte von erheblicher Bedeutung. Oft entsteht nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses Streit über die ausstehenden Provisionen. Der Buchauszug ist daher ein wichtiges Druckmittel des Handelsvertreters. In seiner Entscheidung hat der BGH nun klargestellt, dass die Verjährung dieses Anspruchs ganz entscheidend von der Abrechnung der Provisionen abhängt. Vielen Handelsvertretern wird nicht bewusst sein, wie bedeutend der Zeitpunkt der Abrechnung für sie ist. Der BGH hat dadurch ihr Risiko erheblich erhöht. Um eine Verjährung des Buchauszugsanspruchs zu vermeiden, müssen sie diesen nun womöglich oft schon während der Vertragsbeziehung verlangen, was das Verhältnis der Parteien belasten kann.