Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 20.12.2017 – C-158/16

Hintergrund

In dem Fall, der vorliegend dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt wurde, ging es um eine Arbeitnehmerin, die seit mehreren Jahren bei der Verwaltung der Autonomen Gesellschaft Asturien tätig war. Im April 2011 wurde sie dort zur Beamtin auf Zeit ernannt. Als sie im Jahr 2015 zur Abgeordneten im Regionalparlament der autonomen Gesellschaft Asturiens gewählt wurde, beantragte sie Urlaub, um ihren parlamentarischen Aufgaben in Vollzeit nachkommen zu können. Diesen stützte sie auf einen im spanischen Gesetz vorgesehen Sonderurlaub oder Urlaub aus persönlichen Gründen. Der Antrag wurde jedoch von der Arbeitnehmerin mit der Begründung abgelehnt, dass dieser Urlaub nur Lebenszeitbeamten, nicht jedoch Beamten auf Zeit zustehe. In der spanischen Regelung ist festgelegt, dass Lebenszeitbeamte einen Anspruch darauf haben, dass ihre Stelle und ihr ursprünglicher Arbeitsplatz erhalten bleiben sowie, dass die Sonderurlaubszeit bei der Dienstalterszusage und Beförderung angerechnet wird.  In einer Rahmenvereinbarung der EU über befristete Verträge ist allerdings vorgesehen, dass befristet beschäftigte Arbeitnehmer keine schlechteren Arbeitsbedingungen haben dürfen als Dauerbeschäftige, es sei denn, die unterschiedliche Behandlung ist gerechtfertigt.

Das regionale Verwaltungsgericht in Spanien ersuchte sodann den EuGH und legte ihm die Frage, ob der Begriff „Beschäftigungsbedingungen“ den Anspruch eines Arbeitnehmers umfasst, dienstlich so gestellt zu werden, dass er das Arbeitsverhältnis aussetzen darf, um sich parlamentarischen Aufgaben zu widmen, zur Vorabentscheidung vor. Desweiteren fragte es, ob die Ungleichbehandlung durch das spanische Gesetz mit dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung vereinbar ist. Die erste Frage wurde vom EuGH bejaht, die zweite verneint.

Gründe

Der EuGH hat den Begriff „Beschäftigungsbedingungen“ derart ausgelegt, dass er alle Rechte, Ansprüche und Pflichten umfasst, die ein bestimmtes Arbeitsverhältnis ausmachen. In dieser Entscheidung wurde nun klargestellt, dass auch der Anspruch auf Sonderurlaub aufgrund der Wahrnehmung eines politischen Amtes sowie die Sicherstellung der Arbeitsstelle für diese Zeit von dem Begriff umfasst ist. Die Entscheidung bezüglich eines solchen Anspruchs wird nämlich zwangsläufig auf Grundlage des bestehenden Arbeitsverhältnisses getroffen. Auch die Ermöglichung der Wiedereingliederung sowie die Berücksichtigung des Urlaubs bei der Dienstalterszulage und der Beförderung sind Aspekte, die der Gerichtshof bereits ausdrücklich als „Beschäftigungsbedingungen“ anerkannt hat. Eine andere Auslegung des Begriffes würde auch den Schutz befristet Beschäftigter entgegen dem Ziel der Rahmenvereinbarung der EU einschränken, was abzulehnen ist.

Ferner liegt eine Ungleichbehandlung zwischen befristet und unbefristet beschäftigten Arbeitnehmern vor, da ein Beamter auf Zeit, anders als ein Lebenszeitbeamter, seine Arbeitsstelle für das politische Mandat komplett aufgegeben muss. Zunächst muss jedoch noch festgestellt werden, sich die beiden Beamten in einer vergleichbaren Situation befinden. Dies obliegt dem spanischen Gericht. Erst wenn das der Fall ist, wird es zu prüfen haben, ob diese Ungleichbehandlung durch das Vorliegen sachlicher Gründe gerechtfertigt ist.

Bewertung

Durch die Anwendung des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung soll die Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (im Anhang der RL 1999/70/EG) die Qualität befristeter Arbeitsverhältnisse verbessern. Aus diesem Grund ist der Auslegung des Begriffes „Beschäftigungsbedingungen“ des EuGH zuzustimmen. Insgesamt ist der Gerichtshof zu dem zutreffenden Schluss gekommen, dass die ausnahmslose Weigerung der spanischen Arbeitgeberin nicht unverzichtbar war.